Als politische Journalistin und Aktivistin bekomme ich immer wieder dieselbe Frage: Wie viel Miete kann ich mir wirklich leisten? Auf den ersten Blick klingt das nach einer banalen Rechenaufgabe. In Wahrheit steckt dahinter ein Geflecht aus Einkommen, Nebenkosten, Lebenshaltung, Risikoabsicherung und — oft übersehen — versteckten Kosten. In diesem Text nehme ich dich mit durch die Rechnung, zeige typische Stolperfallen und gebe praktische Tools und Regeln an die Hand, damit Wohnungsuchende nicht in finanzielle Schieflagen geraten.

Die einfache Faustregel reicht nicht

Viele Haushalte orientieren sich an der altbekannten Faustregel: maximal 30–33 % des Nettoeinkommens für Miete. Das ist ein guter Startpunkt, aber zu mechanisch. Warum? Weil darin wichtige Posten fehlen: Heiz- und Warmwasserkosten in kalten Monaten, Strom, Internet, Versicherungen, Rücklagen für Reparaturen oder Ersatzgeräte, und nicht zuletzt Mobilitätskosten. Besonders bei niedrigen Einkommen kann schon eine einzige unerwartete Ausgabe — eine kaputte Waschmaschine, eine Zahnarztrechnung — die gesamte Haushaltsplanung durcheinanderbringen.

Die wirklichkeitsnahe Haushaltsrechnung

Ich empfehle folgende einfache Aufteilung als Ausgangspunkt — sie ist strenger als die 30-%-Regel, aber realistischer:

  • Fixkosten (Miete inkl. Heiz- und Nebenkosten): 35–40 % des Nettoeinkommens
  • Basis-Lebenshaltung (Nahrung, Hygiene): 20–25 %
  • Transport & Kommunikation (ÖPNV, Auto, Internet, Handy): 10–15 %
  • Sparen / Rücklagen / Versicherungen: 10–15 %
  • Freizeit / Sonstiges: 5–10 %
  • Diese Aufteilung lässt Spielraum für Rücklagen — und das ist entscheidend. Viele Menschen unterschätzen, wie wichtig Rücklagen für Reparaturen, Ersatzgeräte oder berufliche Ausgaben sind.

    Typische versteckte Kosten, die Wohnungssuchende übersehen

    Aus meiner Recherche und Gesprächen mit Mieter·innen ergeben sich regelmäßig diese Kostenfallen:

  • Vorauszahlungen für Heizung und Warmwasser: In älteren Gebäuden steigen die Abschläge im Winter schnell. Eine Wohnung mit niedrigen Nebenkosten im Sommer kann im Winter unerwartet teuer werden.
  • Strom: Oft separat abgerechnet. Besonders Single-Haushalte mit E-Geräten (Waschmaschine, Trockner, E‑Cycling-Ladestation) sehen höhere Rechnungen.
  • Internet- und Rundfunkbeitrag: Diese Kosten sind fix und müssen in die Rechnung.
  • Provision oder Kaution: Maklerprovisionen (in einigen Fällen noch üblich), Mietkaution (bis zu drei Monatskaltmieten) binden große Summen.
  • Renovierungs- oder Schönheitskosten: Viele Vermieter erwarten eine besenreine, ordentlich gestrichene Übergabe — Materialien und Zeit kosten.
  • Hausratversicherung, Haftpflicht: Kleine Beiträge, aber im Schadenfall existenziell.
  • Mobilität: Umzug, Entfernung zur Arbeit: Geringere Miete kann teurer werden, wenn du deutlich länger pendeln musst.
  • Praktische Beispielrechnung

    Hier ein konkretes Beispiel für eine Person mit 2.200 € Nettoeinkommen pro Monat:

    Posten Betrag (€) Prozent vom Nettoeinkommen
    Miete kalt 700 31,8%
    Nebenkosten + Heizung (Vorauszahlung) 150 6,8%
    Strom 40 1,8%
    Internet & Handy 40 1,8%
    Lebensmittel & Hygiene 480 21,8%
    Transport (ÖPNV) 70 3,2%
    Versicherungen & Rücklagen 220 10%
    Freizeit & Sonstiges 220 10%
    Summe 1.920 87,2%

    In diesem Beispiel bleiben monatlich nur 280 € nicht verplant. Das reicht kaum für einen größeren Reparaturfall oder einen zweiwöchigen Urlaub. Dein Spielraum ist also kleiner, als die Kaltmiete in Prozent vermuten lässt.

    Wie du vorgehst, bevor du die Wohnung unterschreibst

    Aus meinen Gesprächen mit Mieter·innen habe ich eine Checkliste entwickelt, die ich selber bei Wohnungsbesichtigungen nutze und empfehle:

  • Erfrage die tatsächlichen Nebenkosten: Lass dir die Abrechnung der letzten zwei Jahre zeigen — dann siehst du saisonale Schwankungen.
  • Strom- und Gasverbrauch prüfen: Frage nach Zählerständen und aktuellen Verbrauchswerten.
  • Heizsystem kennen: Zentralheizung oder Etagenheizung? Gas, Öl, Fernwärme? Ältere Einzelöfen sind oft teuer.
  • Internetverfügbarkeit und -kosten: Nicht alle Wohnungen sind an schnelle Anschlüsse angeschlossen; checke Anbieter wie die Deutsche Telekom, Vodafone, 1&1 oder lokale Glasfasernetze.
  • Entfernung zur Arbeit und Pendelkosten: Multipliziere Zeit- und Geldaufwand — Homeoffice-Tage reduzieren oft die Mobilitätskosten deutlich.
  • Frage nach anstehenden Modernisierungen: Modernisierungen können temporär Mieterhöhungen nach sich ziehen.
  • Berücksichtige Umzugskosten: Transporter, neue Möbel, Renovierungsmaterial — diese Einmalkosten solltest du einplanen.
  • Tools und Hilfsmittel

    Nutze Online-Budgetrechner und Nebenkostenrechner, um realistische Szenarien durchzuspielen. Ich verlinke auf dem Blog regelmäßig Tools, die ich geprüft habe — unter anderem einfache Haushaltsplaner und Vergleichsportale für Strom und Internet. Empfehlenswert sind außerdem:

  • Strom- und Gasvergleichsrechner (Check24, Verivox)
  • Haushaltsbudget-Apps (z. B. Haushaltsbuch-Apps wie Money Manager oder Monefy)
  • Kommunale Beratungsstellen und Mietervereine — für viele Menschen eine unterschätzte Ressource
  • Was Mietervereine und Politik tun können — und was du selbst tun kannst

    Als Aktivistin appelliere ich: Private Lösungen helfen nur begrenzt. Wir brauchen starke Regulierung von Nebenkosten, transparente Abrechnungen und mehr Sozialwohnungen. In der Zwischenzeit kannst du selbst aktiv werden:

  • Mitgliedschaft im Mieterverein: Rechtsschutz, Vertragsprüfung und Beratung verhindern Fehler bei Vertragsunterzeichnung.
  • Netzwerken: Tausche dich mit Nachbar·innen über Heizkosten, Anbieterwechsel oder Sammelbestellungen (z. B. Internet) aus.
  • Öffentlich Druck aufbauen: Wenn viele Haushalte in deinem Quartier steigende Nebenkosten beklagen, kann gemeinsamer Protest oder eine Anfrage an den Wohnungsanbieter Wirkung zeigen.
  • Wohnkosten sind kein individuelles Schicksal, sondern ein politisches Problem. Doch bis es flächendeckend bessere Rahmenbedingungen gibt, hilft eine realistische Kalkulation: Berücksichtige alle laufenden und einmaligen Kosten, plane Rücklagen ein und nutze Beratungsangebote. Das reduziert das Risiko, in eine unübersichtliche finanzielle Lage zu geraten — und gibt dir die Ruhe, dich auf das zu konzentrieren, was Wohnen wirklich ausmacht: ein Zuhause, das bezahlbar bleibt.